Die Invasion des Staudenknöterichs

11. Juli 2023

Kaum eine andere eingewanderte Pflanze breitet sich in Österreich so rasant aus wie der Staudenknöterich. Er verursacht erhebliche wirtschaftliche und ökologische Schäden. Eine effektive Bekämpfung ist allerdings sehr schwierig, wie ein Lokalaugenschein zeigt.

Blätter des Japanischen Staudenknöterichs

Die Ausbreitung des Japanischen Staudenknöterichs bedroht das ökologische Gleichgewicht, indem er andere Pflanzen verdrängt und sich unterirdisch über die Wurzeln schnell ausbreitet. Nur wenn man den Knöterich sofort entfernt, kann man ihn loswerden. Hat er sich einmal festgesetzt, verbreitet er sich unterirdisch über die Wurzeln in enormem Tempo weiter. Das zeigt ein Lokalaugenschein an Orten, an denen der Knöterich bekämpft wird – und solche, an denen er die Landschaft bereits völlig dominiert.

Rasante Ausbreitung

Mit einem starken Ruck lässt sich der Staudenknöterich entwurzeln. Edwin Herzberger vom Bundesforschungszentrum Wald entfernt die Pflanze, wo er nur kann. Doch hier am Labenbach in Niederösterreich – in der Nähe von Neulengbach – ist er eigentlich auf verlorenem Posten. Die gesamte Uferböschung ist mit Staudenknöterich bewachsen, soweit das Auge reicht. Oberhalb befindet sich ein Radweg, von dort bis zum Ufer steht eine Pflanze dicht neben der anderen.

Die Ausläufer der Wurzeln, die sogenannten Rhizome, sind so lang, dass sie unter dem Radweg durch wachsen und auf der anderen Seite bereits neue Knöterich-Gruppen bilden. Entlang der Uferseite wurde ein kleiner Streifen gemäht, doch der Boden ist schon wieder übersät mit kleinen Trieben mit rötlich schimmernden Blättern. Dabei handelt es sich um Austriebe aus den Wurzeln, sagt Edwin Herzberger. Das Problem: Wo sich der Knöterich etabliert hat, dort wächst unterhalb gar nichts anderes mehr.

Vier Meter hohe Pflanzen

Was den Staudenknöterich auszeichnet, ist seine rasante Wuchskraft: Bis zu dreißig Zentimeter an einem Tag kann eine Pflanze wachsen. Und mit zwei Metern wie vor Ort ist er längst nicht ausgewachsen. Er habe schon Pflanzen ausgerissen, die über vier Meter hoch waren, so der Forscher.

Ein einzelnes wenige Zentimeter langes Wurzelstück kann sich in der Erde festsetzen und neu austreiben. In zehn Jahren bedecken die Pflanze und ihre Ausläufer bei guten Bedingungen bereits eine Fläche von fast 200 Quadratmetern. Edwin Herzberger hat das selbst auf einem Nachbargrundstück beobachtet.

Dort steht ein altes Bauernhaus, daneben Gebüsch. Unter dem Gebüsch gab es ein paar Knöterich-Pflanzen, rundherum wurde regelmäßig gemäht. Doch dann wurde die Gebüschgruppe gefällt, und der Knöterich habe sich in unwahrscheinlicher Geschwindigkeit ausgebreitet, erzählt Herzberger: Innerhalb von vier Jahren waren hundert Quadratmeter bewachsen.

Schäden für die Landwirtschaft

Auch für die Landwirtschaft werden Neophyten zunehmend zum Problem. Beim Lokalaugenschein zeigt das ein Gerstenfeld, in das der Knöterich bereits hineinwächst. Vor allem niedrigere Pflanzen wie Getreide können dann nicht mehr richtig wachsen, weil der Neophyt Licht und Boden beansprucht.

An diesem Standort müsste der Knöterich unbedingt bekämpft werden, sagt Edwin Herzberger. Denn ansonsten überwuchert er das Feld. Aber – warum passiert hier nichts? Es gibt zwar eine „schwarze Liste“ der EU mit Tieren und Pflanzen, deren Ausbreitung eingedämmt werden sollte – doch leider steht hier der Staudenknöterich nicht drauf, sagt der Wissenschaftler. Gäbe es hier einen gewissen Rückhalt, wäre es deutlich leichter, die die Ausbreitung der Pflanze einzudämmen.

„Schlafende Monster“

Hinzu kommt oft Unwissenheit – oder Sorglosigkeit. Denn neben der Wurzelverbreitung entlang von Bächen, Flüssen und Straßen wird der Staudenknöterich oft bei Erdarbeiten an neue Stellen gebracht. Nach einer Zwischenlagerung auf einer Erddeponie werde die humose Erde bei Bedarf verkauft, „mit diesen schlafenden Monstern im Inneren“, so der Forscher.

Hunderte Stunden hat Edwin Herzberger schon damit verbracht, den Knöterich zu entfernen. Ausreißen inklusive Wurzel ist die beste Methode, den Staudenknöterich wieder loszuwerden. Bei größeren Beständen ist das kaum mehr möglich. Hier kann man versuchen, mehrmals im Jahr zu mähen – und die Pflanze so nach und nach zu schwächen.

Roter Mohn statt Knöterich

Aber es gibt auch positive Beispiele, an denen es gelungen ist, die Ausbreitung der invasiven Pflanze zu stoppen, etwa am Seebach bei Neulengbach. Vor zwölf Jahren war hier bereits ein etwa zwanzig Quadratmeter großes Stück Wiese dicht mit Staudenknöterich bewachsen.

Edwin Herzberger hat Tag für Tag Pflanzen ausgerissen, bis keine mehr übrig war. Zusätzlich hat er heimische Blumen und Gehölzer wie Brombeeren eingestreut. Jetzt ist der Knöterich verschwunden. Entlang des Baches wächst wieder roter Mohn. Für den Ökologen ist es sehr befriedigend, wie er sagt, wenn man sieht, dass hier andere Pflanzen wieder aufkommen. Jetzt sei wieder eine gewisse Vielfalt entstanden.

Quelle

Science ORF vom 11.07.2023 (letzter Zugriff am 11.07.2023)